Frage zur Definition von Bausätzen

Diskussionsforum zu ElektroG und EU Umwelt Richtlinien

Moderator: Guido Körber

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superfisch
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Frage zur Definition von Bausätzen

Post by superfisch »

Ich möchte meinen Kunden Schaltungen zur Spannungsüberwachung von Akkupacks (Überladung/Tiefentladung etc.) anbieten. Meine Frage hierzu:
Handelt es sich hierbei um einen Bausatz da die Schaltung ja noch an die Akkus angelötet werden muss oder müsste der Kunde die Platine selbst bestücken um in die Kategorie Bausatz zu kommen? Es müssen auf jeden Fall mehrere Kabel angelötet werden - evtl. sogar noch zusätzlich ein Kondensator.
Wie sieht es mit "Bausätzen" aus, bei denen der Kunde das Gehäuse komplett montieren muss, die (fertig bestückte) Elektronik einbauen und nur noch die (mitgelieferten) Kabel zur Spannungsversorgung (Niederspannung/Akkupack) anlöten muss - wäre auch dies dann ein Bausatz?

Wo genau kann ich soetwas nachlesen?

Bin hier gerade etwas am verzweifeln da ich erst seit einigen Monaten im Nebenerwerb neben dem Studium eine kleine Firma habe und meine bisherigen Gewinne wohl kaum mit den Registrierungsgebühren vergleichbar sind. Wenn ich aber nur noch Bausätze verkaufe sollte doch keine Registrierungspflicht bestehen - oder etwa doch?

Ich verstehe zwar daß die Entsorgung von Altgeräten kosten verursacht und bin auch gerne bereit im angemessenen Rahmen dafür aufzukommen - aber bei einer Absatzmenge von einigen Kilogramm im Jahr und den regulären EAR-Gebühren könnte ich ja wirklich mit Plutonium handeln und die Entsorgungskosten wären gedeckt... :mrgreen:
G_Schlomka
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Alles Interpretationssache

Post by G_Schlomka »

Der Themenkomplex "Was ist (wann) ein Elektrogerät im Sinne des Gesetzes" ist sehr schwierig. Das ElektroG selbst bleibt dabei sehr vage und erlaubt aus sich selbst heraus keine klare Einordnung.

Daher verweist die EAR auf den Leitfaden zur EMV-Richtline, der genauere Definitionen beinhaltet. Wir halten das Heranziehen der EMV-Richtlinie allerdings für höchst fragwürdig, siehe dieser Artikel:

http://www.blog.de/index.php/elektrog/2 ... g_o~370338

Praktisch wird es wohl darauf hinauslaufen, nach welchen Richtlinien und Maßstäben die EAR die Einstufung der Produkte vornimmt. Dies ist im Übrigen eins der wenigen Dinge, zu denen die EAR berechtigt ist, selbst festzulegen, wie verfahren wird, siehe § 14.4 ElektroG.

Insoweit würde eine konkrete Anfrage bei der EAR vielleicht Handlungssicherheit schaffen, falls man eine Antwort der EAR erhält.

In jedem Falle sollte man sich im Klaren darüber sein, daß die zwei möglichen Negativkonsequenzen aus potentiellen Verstößen gegen das ElektroG sehr unterschiedlich sind:

1) Bußgelder durch die EAR - faktisch für Kleinstunternehmen in nächster Zeit nicht zu erwarten, da die EAR personell hoffnungslos überfordert ist und sich auch beispielsweise für die Überwachung der Kennzeichnungspflicht als nicht zuständig erklärt hat. Selbst wenn, steht zu erwarten daß bei Kleinstbetrieben auch sehr geringfügige Bußen verhängt werden.

2) Abmahnungen mit strafbewehrter Unterlassungserklärung - das ist die wirklich gefährliche Seite, insbesondere da man sich da z.B. nicht auf die nicht rechtsverbindlichen Hinweise der EAR berufen kann, denn das Wettbewerbsrecht kennt bei Verstößen keine Unterscheidung zwischen schuldhaftem und nicht schuldhaftem Verhalten, allein der Verstoß an sich zählt.

Siehe auch hier:

http://www.blog.de/index.php/elektrog/2 ... ear~380513

Insoweit ist man in jedem Falle gut beraten, sich für Abmahnvereine nicht sichtbar zu stellen, oder auch nach aussen sichtbar zu machen, daß man kein leichtes Opfer sein wird, sprich sowohl bereit als auch in der Lage ist, sich zu wehren.
Georg Schlomka
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superfisch
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Post by superfisch »

Also besteht diesbezüglich keine wirkliche Klarheit ... hmmm :(

Diese "Abmahnungen mit strafbewehrter Unterlassungserklärung" bedeutet doch konkret, daß ich 1) das abgemahnte Verfahren/Verhalten einstellen muss und 2) daß ich versichern muss dieses Verfahren/Verhalten nie wieder durchzuführen.

Für mich bedeutet es, daß - wenn Bausätze unter das Elektrogesetz fallen- ich nach der "Abmahnung" keine weiteren Bausätze mehr verkaufen darf bis ich registriert bin. Ich muss aber keine Entschädigung etc. zahlen - oder doch (Bußgelder natürlich ausgenommen)?

Da ich dies im Nebenerwerb betreibe und meine Umsätze relativ gering sind wäre ein (vorübergehendes) Einstellen des Verkaufs tragbar - wo ist hier also das große Problem (oder übersehe ich die Tragweite dieser Sache)? Wenn ich mich dann entscheide weiterzumachen müsste ich mich registrieren, falls nicht hätte sich die Sache erledigt und ich bleibe auf einer geringen Menge an Platinen/Bauelementen sitzen - diese kann ich aber privat auch nutzen.
Guido Körber
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Post by Guido Körber »

Eine strafbewehrte Abmahnung kann mehr als 1000 Euro kosten. Das kommt auf den Gegenstandswert an, den der Abmahner annimmt. Dagegen kann man zwar Rechtsmittel einlegen, aber wenn man das nicht tut ist man halt mit dem Zahlen dran.
G_Schlomka
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Post by G_Schlomka »

Korrekt. Damit machen ja die Abmahner ihr Geschäft: Sie spekulieren darauf, daß der Abgemahnte die Mühen und Kosten einer rechtlichen Auseinandersetzung scheut, brav die "Kosten" der Abmahners zahlt und sich unter die Unterlassungserklärung unterwirft.
Georg Schlomka
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Guido Körber
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Post by Guido Körber »

Grundsätzlich ist es eine gute Idee als Gewerbetreibender eine Rechtsschutzversicherung zu haben, die solche Sachen mit abdeckt. Dann kann man sich den Rechtsweg leisten und hat Chancen zu seinem Recht zu kommen, sonst bekommt man halt eine übergebraten und kann sich aussuchen ob man den bereits bekannten Betrag zahlt, oder einen noch nicht bekannten Betrag riskiert um sich durchzusetzen.
G_Schlomka
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Post by G_Schlomka »

Ja, eine Rechtsschutz ist nicht schlecht. Bevor man aber wild loslegt empfiehlt es sich immer, zu schauen, ob man denn im konkreten Fall Deckung hat - am Besten über eine Deckungszusage der Versicherung.

Herr Körber - Sie sitzen anscheinend ja gerade am Rechner - vielleicht sollten wir demnächst, möglicherweise zwischen den Jahre telefonieren?

So oder so: Frohe Weihnachten, trotz ElektroG-Ärger.
Georg Schlomka
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