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Diskussionsforum zu ElektroG und EU Umwelt Richtlinien

Moderator: Guido Körber

G_Schlomka
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Post by G_Schlomka »

Sehr geehrter Herr Ulbricht,

ersteinmal möchte ich mich herzlich bedanken, ich glaube im Namen aller Diskussionsteilnehmer, aber insbesondere im Namen der VMB, daß sich endlich ein Rechtsanwalt an der Diskussion beteiligt.

Ich würde mit Ihnen gerne noch ein wenig über das Thema 'Inverkehrbringung' diskutieren, denn ich finde, daß das Thema noch nicht so ganz abgeschlossen ist. Vielleicht ist da auch nur die Hoffnung Vater des Gedankens, denn ich muss zugeben, daß ich nach langer Zeit erstmals durch den Beitrag von PeterW, der die mögliche Alternative zur bisher üblichen Lesart der Definition im ElektroG aufzeigte, etwas Hoffnung geschöpft habe.

Also, ersteinmal eine rein sprachliche Betrachtung der Gesetzesformulierung.
Eine andere, dem entgegenstehende Auslegung im Sinne von „im Bereich der Europäischen Union“ ist angesichts des klaren Wortlauts und der oben stehenden Ausführungen nicht möglich.

Inverkehrbringen im Sinne des ElektroG meint demnach nur den deutschen Markt.
Rein sprachlich ist der Wortlaut des Gesetzes nur scheinbar, oder auf den ersten Blick klar. Es geht um ein Handlung, nämlich das besagte Inverkehrbringen. Diese Handlung erfolgt an einem bestimmten Ort. Wenn ich nun die Handlung "in Verkehr bringen", als reines Sprachveranschaulichungsbeispiel, mit z.B. der Handlung "Haschisch anbieten" ersetze, ergibt sich folgender Wortlaut:

"im Geltungsbereich dieses Gesetzes Haschisch anbietet."

Hier wird deutlich, daß es unerheblich ist, ob sich das Haschisch in Deutschland befindet, war oder jemals sein wird. Ich kann ja auch in Deutschland Ware anbieten, z.B. über Kataloge, ohne daß die Ware überhaupt, oder zu diesem Zeitpunkt in Deutschland sein muss.

Umgekehrt ist auch klar, daß wenn das Angebot nicht in Deutschland stattfindet (Firmensitz?), das Gesetz keine Anwendung fände, selbst wenn sich das Haschisch in Deutschland befände.

Demnach ist es durchaus nicht per se überflüssig, den Ort der Handlung als den Geltungsbereich des Gesetzes anzugeben, insbesondere im Blick auf die (geplanten?) Gesetzesänderungen z.B. bei Pädophilen, wo ja auch Handlungen unter Strafe gestellt sind, die nicht in Deutschland stattfinden.

Daraus folgt, daß eine Interpretation der Gesetzesformulierung "im Geltungsbereich des Gesetzes", die sich auf die Handlung bezieht, und nicht auf eine Abgrenzung des Marktes, auf dem die Ware in Verkehr gebracht wird, durchaus möglich, und auch sinnvoll ist.

Eine wirklich eindeutige Formulierung, wenn die Beschränkung auf den deutschen Markt gewünscht ist, wäre gewesen:

"im Geltungsbereich des Gesetzes im Geltungsbereich des Gesetzes in Verkehr bringt."

Klingt bescheuert, ist aber logisch richtig. Natürlich könnte man auch leserlich formulieren:

"im Hoheitsgebiet der BRD auf dem deutschen Markt in Verkehr bringt."

Noch einfacher:

"auf dem deutschen Markt in Verkehr bringt."

Wäre nur der EU-Binnenmarkt gemeint, wird es ganz einfach:

"in Verkehr bringt."

Bei letzterer Formulierung würde sich der Anwendungraum durch die gewöhnliche Einschränkung auf das nationale Hoheitsgebiet ergeben. Bar einer anderen Definition des Gesetzes wäre der Marktrahmen, im Rückblick auf den Richtlinienursprung des nationalen Gesetzes offenkundig der EU-Binnenmarkt.

Gerade weil es zwei mögliche Märkte, nämlich einerseits den deutschen, andererseits den Binnenmarkt gibt, wird die Formulierung des Gesetzes zweideutig. Erst wenn man davon ausgeht, daß es nur einen möglichen Markt gibt, wäre der Gesetzestext eindeutig. Bei Umsetzung einer EU-Richtlinie, die selbst explizit den EU-Binnenmarkt anspricht, könnte man nun natürlich davon ausgehen, daß bei der Auswahl, ob "im Geltungsbereich dieses Gesetzes" nun die Handlung, oder den (Ziel)markt meint, selbstverständlich die Handlung gemeint sein muss.

Rückschau auf das Original: WEEE / RoHS als EU-Richtlinie

Immerhin stehen sowohl WEEE als auch RoHS im Leitstrahl des 'new approach' der EU, der als vordringliches Ziel die Vereinfachung des Binnenhandels, durch Schaffung verbindlicher, innergemeinschaftlicher Produkt- und Dienstleistungsstandards, definiert.

Eine nationalstaatliche Zersplitterung der Richtlinien kann niemals im Sinne dieser Richtlinien liegen; im Gegenteil, sie konterkariert sie. Schon daher, und da hat m.E. PeterW absolut Recht, verbietet sich die Sichtweise eines 'deutschen' Marktes. EU-Richtlinien kümmern sich um den EU-Markt; wenn die Umsetzungen davon abweichen, sind es keine Umsetzungen mehr.


Wie immer, nur meine Meineung, nichts rechtsverbindlich und ohne Gewähr.
Georg Schlomka
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Guido Körber
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Post by Guido Körber »

Grundsätzlich scheint sich also die Frage zu stellen, ob das ElektroG und andere nationale Umsetzungen EU-konform sind. Bei Betrachtung der insgesamt zu vermissenden Sorgfalt bei der Ausarbeitung des ElektroG ist das wohl in Zweifel zu ziehen. Unangenehmerweise ändert das aber nichts an der aktuellen Gültigkeit des ElektroG.

Wenn ich Herrn Ulbricht richtig verstehe bestätigt er also meine Befürchtungen, dass der Fernabsatz in einen anderen EU Staat prinzipiell durch die Gesetze im Zielland geregelt wird und ggf. eine Registrierung im Zielland erforderlich ist?

Das wäre eine der Kernfragen, die über die Existenz vieler Kleinunternehmen entscheidet.
G_Schlomka
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Post by G_Schlomka »

Guido Körber wrote:Wenn ich Herrn Ulbricht richtig verstehe bestätigt er also meine Befürchtungen, dass der Fernabsatz in einen anderen EU Staat prinzipiell durch die Gesetze im Zielland geregelt wird und ggf. eine Registrierung im Zielland erforderlich ist?
EU-Richtlinien werden ja immer über nationale Gesetzgebungen umgesetzt. Die Frage, ob man als deutscher Vertreiber/Exporteur in andere EU-Nationalstaaten dort lokale Registrierung, Mengenmeldungen o.ä. durchführen muss, können demnach nur die jeweils lokalen Gesetze beantworten.

Soweit ich das bisher erkennen kann, wird tatsächlich in den meisten EU-Ländern eine lokale Registrierung gefordert, sofern man als 'Inverkehrbringer' auftritt, ähnlich wie bei der deutschen Umsetzung.

Dabei wäre es natürlich ganz besonders interessant zu beleuchten, ob auch die anderen nationalen Umsetzungen die Inverkehrbringung im eigenen Nationalgebiet ansprechen (wie das beim ElektroG anscheinend interpretiert wird), oder eine EU-Binnenmarktinverkehrbringung, wie es sinnvoll wäre und wie es auch die original-EU-Richtlinien vorsehen.

Praktisch wird dieser Teil vielleicht weniger heiß gegessen als gekocht, man betrachte sich nur die Äußerungen der EAR zu diesem Thema in Deutschland, wo man einfach auf die Nichtdurchsetzbarkeit des deutschen Gesetzes im Ausland verweist und die Schultern zuckt.

Ich für meinen Teil wäre schon sehr froh, das deutsche Gesetz soweit zu verstehen, daß ich für mein eigenes Handeln wüßte, was genau ich tun muss. Doch davon kann überhaupt keine Rede sein....
Georg Schlomka
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RA Ulbricht
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Post by RA Ulbricht »

G_Schlomka wrote:Soweit ich das bisher erkennen kann, wird tatsächlich in den meisten EU-Ländern eine lokale Registrierung gefordert, sofern man als 'Inverkehrbringer' auftritt, ähnlich wie bei der deutschen Umsetzung.
Genau so ist es. Wir sind derzeit dabei, über ein Anwaltsnetzwerk, welches in (fast jedem) Mitgliedsstaat vertreten ist, die genauen Anforderungen der jeweiligen nationalen Rechtsordnung hinsichtlich der Registrierung, Reporting etc zusammen zu stellen.
G_Schlomka wrote:Dabei wäre es natürlich ganz besonders interessant zu beleuchten, ob auch die anderen nationalen Umsetzungen die Inverkehrbringung im eigenen Nationalgebiet ansprechen (wie das beim ElektroG anscheinend interpretiert wird), oder eine EU-Binnenmarktinverkehrbringung, wie es sinnvoll wäre und wie es auch die original-EU-Richtlinien vorsehen.
Man kann bzw muss wohl davon ausgehen, dass sich jede nationale Umsetzung jeweils auf die Inverkehrbringung im eigenen Land bezieht. Sicherlich wäre es für alle Beteiligten, einfacher und praktikabler gewesen eine für ganz Europa zuständige zentrale Stelle einzurichten bei der einmalig für ganz Europa die Registrierung und ggfls auch das Reporting erfolgt. Dies ist aber leider nicht ausdrücklich in der Richtlinie forumuliert worden und im Nachgang auch leider nicht geschehen.
G_Schlomka wrote:Praktisch wird dieser Teil vielleicht weniger heiß gegessen als gekocht, man betrachte sich nur die Äußerungen der EAR zu diesem Thema in Deutschland, wo man einfach auf die Nichtdurchsetzbarkeit des deutschen Gesetzes im Ausland verweist und die Schultern zuckt.
Naja mit der Durchsetzbarkeit ist das natürlich nicht ganz so einfach. Dennoch werden sich auch ausländische Produzenten an den nationalen Vorgaben zu orientieren haben, damit ihnen nicht langfristig ein Bussgeld oder ein Vertriebsverbot droht. Zumindest mit letzterem werden sich diese ja in jedem Fall auseinanderzusetzen haben.

Gruss

CU
Last edited by RA Ulbricht on Mon Mar 27, 2006 1:58 pm, edited 1 time in total.
G_Schlomka
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Post by G_Schlomka »

RA Ulbricht wrote:Naja mit der Durchsetzbarkeit ist das natürlich nicht ganz so einfach. Dennoch werden sich auch ausländische Produzenten an den nationalen Vorgaben zu orientieren haben, damit Ihnen nicht langfristig ein Bussgeld oder ein Vertriebsverbot droht. Zumindest mit letzterem werden Sie sich ja in jedem Fall auseinanderzusetzen haben.
Hallo, ich hoffe, das großgeschriebene "Ihnen" und "Sie" war nur ein Vertipper....

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie zu meiner Auffassung bzw. Interpretation der 'Inverkehrbringung' aus sprachlicher Sicht weiter oben Stellung nehmen könnten.

Ebenso direkt an Sie die Frage, ob Folgerung der jeweils nationalen Inverkehrbringungen, in Zusammenschau mit der EU-üblichen Definition der Inverkehrbringung an sich (Stichwort Bereitstellung) tatsächlich zu der absurden Situation der zeitgleichen Inverkehrbringung in allen oder doch mehrerern Mitgliedsstaaten führen kann. Siehe auch unser entsprechender Blog-Artikel:

http://elektrog.blog.de/2006/03/25/schw ... ung~673478

Im Übrigen möchte ich noch ein Zitat aus Ihrem vorherigen Post aufgreifen:
RA Ulbricht wrote:Da das ElektroG keinen grundsätzlichen Unterschied zwischen In- und Ausländern macht, sind die einzelnen Regelungen wohl als unterschiedslos geltende, das heißt nichtdiskriminierende Regelung zu kategorisieren.
Ich glaube, daß stimmt nicht so ganz. In §3(11)3 definiert das ElektroG für den Inländer, der an Endverbraucher ausserhalb Deutschlands, aber innerhalb der EU E-Geräte abgibt, eine deutsche Herstellerpflicht, sofern die Ware vorher physisch in Deutschland war. Das dürfte regelmäßig nur für in Deutschland ansässige Unternehmen der Fall sein. Demnach benachteiligt das ElektroG in Deutschland ansässige Unternehmen gegenüber allen anderen, in der EU ausserhalb Deutschlands ansässigen Unternehmen.

Beispiel: Zwei Unternehmen, die exakt das Gleiche innerhalb der EU tun, nämlich importierte nicht-EU Ware an Endnutzer in Frankreich abzugeben, und unterschiedliche deutsche Pflichten haben. Das Beispiel ist kein konstruiertes; die übergroße Mehrzahler aller Importware der EU kommt über Rotterdam und Hamburg in die EU.



Deutsches Unternehmen importiert Chinesische Akkuschrauber, und verkauft sie über das Internet exclusiv an französische Endverbraucher. Resultat: Hersteller i.S.d.ElektroG in Deutschland, wahrscheinlich zusätzlich Hersteller in Frankreich.

Niederländisches Unternehmen importiert Chinesische Akkuschrauber, und verkauft sie über das Internet exclusiv an französische Endverbraucher. Resultat: kein Hersteller i.S.d.ElektroG in Deutschland, niederländischer Status unbekannt, vermutlich Hersteller in Frankreich.
Georg Schlomka
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RA Ulbricht
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Post by RA Ulbricht »

G_Schlomka wrote:Hallo, ich hoffe, das großgeschriebene "Ihnen" und "Sie" war nur ein Vertipper....
Hallo Herr Schlomka,

das war natürlich ein Vertipper. Sorry dafür... Zu dem Rest Ihrer Fragen werde ich bei nächster Gelegenheit ein paar Ausführungen ergänzen.

Mit freundlichem Gruss

CU
Robert Marquardt
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Post by Robert Marquardt »

Na als Ausgleich haben wir "Mehrzahler". Papa Freud laesst gruessen :-)
G_Schlomka
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Post by G_Schlomka »

RA Ulbricht wrote:
G_Schlomka wrote:Hallo, ich hoffe, das großgeschriebene "Ihnen" und "Sie" war nur ein Vertipper....
Hallo Herr Schlomka,

das war natürlich ein Vertipper. Sorry dafür... Zu dem Rest Ihrer Fragen werde ich bei nächster Gelegenheit ein paar Ausführungen ergänzen.

Mit freundlichem Gruss

CU
Hätte ja auch ein cut & paste aus der zeitgleich formulierten Abmahnung sein können....;-)
Georg Schlomka
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PeterW
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Post by PeterW »

Hallo Zusammen,
G_Schlomka wrote:"im Geltungsbereich dieses Gesetzes Haschisch anbietet."
Ich würde ein etwas unverfänglicheres Beispiel vorschlagen:

In einem deutschen Gesetz über eine CO2-Steuer könnte stehen: Dieses Gesetz betrifft "Kohlendioxydmengen, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes freigesetzt werden".
Nachdem das Kohlendioxyd freigesetzt wurde, unterliegt es zunächst nicht mehr der Kontrolle dieses Gesetzes, sondern allein den "Gesetzen", die für Kohlendioxyd in der Atmosphere gelten, auch wenn das im Gesetz nicht ausdrücklich so bestimmt ist. Genau so ist es bei "Elektrogeräten, die im Geltungsbereich dieses Gesetzes in Verkehr gebracht werden". Nachdem sie in Verkehr gebracht (freigesetzt) wurden, unterliegen sie bis zum Ende ihrer Lebensdauer allein den Gesetzen des Marktes, und das sind die Gesetze des Europäischen Binnenmarktes, die durch andere Gesetze und Verträge geregelt werden.

Im Grunde verstehe ich nicht, wie es darüber zwei Meinungen geben kann, oder habe ich die Abschaffung der Marktwirtschaft verpasst? Oder wurde die Marktwirschaft und der EU-Binnenmarkt nur für Elektrogeräte abgeschafft?
G_Schlomka
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Post by G_Schlomka »

Hallo Peter, das Ganze ist auch schwierig zu verstehen. Im gwöhnlichen Sprachgebrauch versteht man unter "in Verkehr bringen" die erstmalige *physische* Abgabe einer Ware an Vertrieb oder Nutzer in einem bestimmten geographischen oder rechtlichen Gebiet.

Daraus ergibt sich, daß Ort der Handlung und der Ort, an dem die Ware 'freigesetzt' wird, deckungsgleich sind.

Nun hat aber die EU quer durch verschiedene Dokumente und Richtlinen die Inverkehrbringung umdefiniert, und nicht mehr die Abgabe der Ware, sondern die Bereitstellung zur Abgabe stellt die Inverkehrbringung dar. Damit kann der Ort der Handlung vom dem Ort, an dem die Ware 'freigesetzt' wird, unterschiedlich sein.

Wenn ich mein Haschisch-Beispiel wieder aufgreife: Ginge es um den Konsum, und nicht das Anbieten, dann wäre eben ein Auseinanderfallen der Orte unmöglich, und die Einschränkung für den Geltungsbereich des Gesetzes wäre eindeutig, wenn auch völlig überflüssig.

Durch die EU-übliche Definition also entsteht die Zweideutigkeit des ElektroG-Textes.

Freilich befürchte ich, daß der Gesetzgeber tatsächlich den deutschen Markt gemeint hat. Wahrscheinlich wird man auch nur auf einem Klageweg durch Gerichte rechtssicher feststellen können, was nun zutrifft.
Georg Schlomka
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PeterW
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Post by PeterW »

G_Schlomka wrote:Hallo Peter, das Ganze ist auch schwierig zu verstehen. Im gwöhnlichen Sprachgebrauch versteht man unter "in Verkehr bringen" die erstmalige *physische* Abgabe einer Ware an Vertrieb oder Nutzer in einem bestimmten geographischen oder rechtlichen Gebiet.
So ist es auch nach der EU-Definition:
"Ein Produkt wird auf dem Gemeinschaftsmarkt in den Verkehr gebracht, wenn es erstmalig bereitgestellt wird. Unter Bereitstellung ist die Überlassung eines Produkts nach der Herstellung mit dem Ziel des Vertriebs oder der Verwendung auf dem Gemeinschaftsmarkt zu verstehen (30). Außerdem bezieht sich der Begriff Inverkehrbringen nicht auf eine Produktart, sondern auf jedes einzelne Produkt, unabhängig davon, ob es als Einzelstück oder in Serie hergestellt wurde. Die Überlassung des Produkts erfolgt entweder durch den Hersteller oder seinen in der Gemeinschaft niedergelassenen Bevollmächtigten an den in der Gemeinschaft niedergelassenen Importeur ..." (aus dem 'Leitfaden für die Umsetzung der nach dem neuen Konzept und dem Gesamtkonzept verfaßten Richtlinien', Seite 18)

Es geht doch bei dieser Definition nicht darum, an welchem Ort oder in welchem Land der EU die Inverkehrbringung erfolgt (was bei den CE-Richtlinien wohl auch unerheblich ist), sondern wodurch, wann und durch wen die Inverkehrbringung auf dem Gemeinschaftsmarkt erfolgt.

Entscheidend für unsere Diskussion ist dabei, dass der Text nicht den geringsten Zweifel daran lässt, das jede "Inverkehrbringung" immer den Gemeinschaftsmarkt betrifft.

In dem Begriff "Bereitstellung", sehe ich auch kein Problem. Er wird ja in erster Linie verwendet, um klarzustellen, dass die Inverkehrbringung nur die ERSTMALIGE Bereitstellung ist. Eine wiederholte Bereitstellung ist also KEINE Inverkehrbringung, egal wo sie erfolgt.
Nach dieser Definition kann jedes einzelne Produkt also nur ein einziges Mal auf dem Gemeinschaftsmarkt in Verkehr gebracht werden. Danach ist es vollkommen ausgeschlossen, dass das ElektroG jeden Grenzübertritt eines Produktes innerhalb der EU als neue Inverkehrbringung definiert, weil das den Gemeinschaftsmarkt abschaffen würde.
Der Gemeinschaftsmarkt ist aber die heilige Kuh der EU und seine wichtigste Existenzberechtignung. Wer versucht, den Gemeinschaftsmarkt abzuschaffen, sollte besser gleich die ganze EU abschaffen. .

In der deutschen Terminologie würde man statt "Bereitstellung" wohl besser sagen "die Verfügungsgewalt übertragen", oder "zur Verfügung stellen", z. B. durch Übertragung des Eigentums, was ja nicht bedeuten muss, das der Eigentumer auch bereits im Besitz der Ware ist, oder irgendwann in den Besitz der Ware kommt.
G_Schlomka wrote:Freilich befürchte ich, daß der Gesetzgeber tatsächlich den deutschen Markt gemeint hat.
Das wäre allerdings der Gipfel gesetzgeberischer Fehlleistung, wenn ausgerechnet der deutsche Gesetzgeber versucht den Gemeinschaftsmarkt für Elektrogeräte abzuschaffen.
G_Schlomka
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Post by G_Schlomka »

Peter, Ihre Wahrnehmung, daß das deutsche ElektroG, zummindest in der bisher vorhandenen Interpretation, den Grundzielen und Grundprinzipien der EU zuwiderläuft, ist natürlich richtig.

Leider bringt uns das in der Sache relativ wenig, denn die nationalen Gesetze sollten zwar die EU-Richtlinien umsetzen, stehen aber als eigenständige Gesetze da und sind den originären EU-Richtlinien ersteinmal in keiner Weise untergeordnet. Das inkraftgetretene deutsche Gesetz ist und bleibt ein deutsches Gesetz, ganz egal, warum und nach welcher Vorlage es gemacht wurde.

Deshalb ist es auch erforderlich, die im nationalen Gesetz benutzen Begriffe anständig zu definieren. Unterbleibt dies, kann man zwar mit Recht sagen, daß dem Sinne nach die ursprünglichen EU-Definitionen gemeint sein müßten, aber es besteht meines Wissens kein zwingender Rückgriff eben auf die EU-Definitionen.

Auch eine eventuelle Kollision der nationalen Gesetze mit EU-Recht ändert ersteinmal nichts daran, daß das nationale Gesetz in Kraft ist.

Letztlich offenbart sich hier nicht nur gesetzgeberische Unfähigkeit, sondern vielmehr eine Fehlkonzeption der EU-Richtlinenstruktur. Nationale Umsetzungsfehler sind schon wegen der Übersetzungsproblematik nicht zu vermeiden. Insoweit sollte m.E. das gesamte Verfahren der EU-Legislative völlig neu gestaltet werden, und zwar so, daß EU-Richtlinien direkt geltendes Recht in den Nationalstaaten werden, die auch Vorrang vor eventuellen nationalen Regelungen haben. Nur so ließe sich ein brauchbarer Europäischer Rechtsraum etablieren.

Rein praktisch dürfte so ein Vorhaben aber wohl scheitern, wenn man bedenkt, daß die EU in den vielen Jahrzehnten ja nicht einmal eine verbindliche Amtssprache etablieren konnte, oder wenigstens das Unsatzsteuerrecht harmonisieren konnte.

Mein Fazit ist, daß bei der Ausprägung, die die EU mittlerweile hat, die völlig Abschaffung derselben wohl der vernünftigste Schritt wäre. Die alte EWG-Ordnung könnte man ja wieder einführen.

Europa war meines Wissens nur einmal in der (jüngeren) Geschichte kurz davor, ein geeintes Europa zu sein: Auf dem Höhepunkt der Macht Hitlers. Das ist natürlich keine wünschenswerte Art von Europa, macht aber deutlich, daß offenbar die ganze hartnäckige Nationalstaatlichkeit der verschieden Staaten nur mit Gewalt zu überwinden ist.

'Europa' ist eine Träumerei von intellektuellen Phantasten, die an der Realität der kurzsichtigen und egoistischen Menschen scheitern muss.

Gesetze wie das ElektroG führen das überdeutlich vor.
Georg Schlomka
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